1. femme fatale
versus
femme fragile
Scham äußert sich auf der ganzen Welt gleich; begleitet wird die körperliche Reaktion von dem dringenden Wunsch, im Erdboden zu versinken oder sich unsichtbar machen zu können.
OH JA! Ich wäre am liebsten im Boden versunken vor Scham!!
Als mein Sohn 14 Monate alt war, fand in der Mainzer Uniklinik die ärztliche Nachbesprechung einer OP statt, die er zwei Monate zuvor hatte. Als der Termin vorbei war, gingen wir zum Parkhaus.
Am Eingang neben dem Parkscheinautomat saß eine Frau auf dem Boden. In der Hand hielt sie eine Dose.
Ich nahm ganz selbstverständlich eine Münze aus meinem Geldbeutel und hob meinen Sohn hoch. Ich erklärte ihm, dass es Menschen gibt, denen es nicht so gut geht. Menschen, die kein Geld haben und deswegen auf der Straße darum betteln.
Während ich sprach, drückte ich meinem Sohn die Münze in seine kleine Faust und führte sie zu der Dose.
„NEIN!“, schrie die Frau laut und riss die Dose weg. Sie sitze dort, weil sie einen Kreislaufzusammenbruch habe; in der Dose sei Cola; Hilfe wäre bereits angefordert und unterwegs.
Das war der Moment, in dem ich am liebsten im Boden versunken wäre.
Eiligst suchte ich mit meinem Sohn einen anderen Eingang ins Parkhaus und einen anderen Kassenautomat.
Der einzige Gedanke, der meine Scham etwas schmälert, ist:
Die Frau hat jetzt ‘ne coole Party-Geschichte. ;-)